Diese Sorge ist neben der Angst über zu dicke, dünne, kurze oder lange Finger eine der häufigsten, wenn es um Gitarrenunterricht geht.. Selbst viele junge Menschen haben die Idee, dass man Gitarre unbedingt schon als Kind lernen müsse und es in späteren Jahren kaum Sinn mache das Instrument zu lernen...
Das ist Blödsinn.
Natürlich ist es klasse, wenn man mit dem richtigen Gitarrenlehrer früh anfängt, aber ein enormer Prozentsatz von Kindern gibt auf, wechselt zur Playstation oder lernt Musik durch schlechte Unterrichtsmethoden auf Lebenszeit zu hassen. Wir alle haben wahrscheinlich so einen Fall in unserem Bekanntenkreis.
Ja, das Gehirn ist im Kindesalter sehr aufnahmefähig, aber es ist auch extrem unkonzentriert, möchte ständig etwas Neues ausprobieren und benötigt sehr schnell Resultate, denn sonst hat es keine Lust mehr.
Als erwachsener Mensch bist Du ruhiger, hast mehr Ausdauer und zudem die Erfahrung, dass alles von Wert seine Zeit benötigt, um entwickelt zu werden. Außerdem kannst Du besser mit Rückschlägen und Frustrationen umgehen, einfach weil Du schon einige auf deinem Lebensweg überwunden hast.
Es gibt Kinder, die sich sehr gut über lange Zeitabschnitte konzentrieren können und ohne Zwang mit Freude jeden Tag üben – diese Kinder sind allerdings extrem selten, denn in vielen Fällen steht hinter der oberflächlichen Disziplin eines Kindes der Druck der Eltern, die für ihr Kind bestimmte Vorstellungen haben.
Die Ergebnisse der Hirnforschung haben in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, wie anpassungs- und lernfähig das Gehirn auch in hohem Alter ist. Schon nach wenigen Wochen Musikunterricht konnte bei älteren Menschen eine deutliche Vermehrung der neuronalen Verbindungen im Gehirn gezeigt werden.
Denk bitte nun über ein normales menschliches Leben nach und überlege ab wann wir in der Regel ernsthaft aufhören zu lernen?
Oft schon, sobald wir unsere Ausbildung beendet haben, uns an die Anforderungen unseres Jobs gewöhnt haben! Wir spulen dann nur noch bereits Erlerntes ab und gehen in unserer Freizeit Aktivitäten nach, die uns entspannen sollen – Fernsehen, auf der Couch rumlungern, mit dem Hund rausgehen und vielleicht ein wenig Sport...
Für das Gehirn (und für unseren Körper) sind solche Anforderungen ein totaler Witz – es ist für konstante Herausforderungen und konstantes Lernen konzipiert! Sobald dieses Lernmonster nicht wirklich gefordert wird, lässt die Leistung konstant nach, wie die Muskeln eines Bettlägerigen. Alles, was wir nicht nutzen, verfällt.
Wenn ich achtzig wäre und den Traum hätte Gitarre zu lernen, so würde ich noch heute damit anfangen! Was soll ich sonst machen? Kreuzworträtsel und gucken, ob der Nachbar den Rasen gemäht hat? :-)