kovaleff
Der Prozentsatz von Leuten, die anfangen Gitarre zu lernen und dann nach relativ kurzer Zeit aufgeben ist sehr hoch. Wahrscheinlich ebenso hoch wie der Prozentsatz von Leuten, die sich im Fitness-Studio anmelden, um abzunehmen.
Am Anfang ist die Begeisterung hoch. Man hat endlich die Entscheidung getroffen etwas zu verändern, kauft eine Gitarre, findet Unterricht. Das wird super, denkt man.
Sobald ein Anfänger dann einige Wochen spielt, dauert es nicht lange, bis er realisiert, dass das Lernen eines Instruments kein Mikrowellengericht ist und wirklich Arbeit über lange Zeit erfordert und plötzlich ist Gitarre lernen nicht mehr mit soviel Begeisterung verbunden und es wird schwer sich überhaupt zu motivieren, weil es doch einige Zeit kostet, den ersten richtigen Song von Anfang bis Ende durchspielen zu können.
Dann fällt einem plötzlich ein, dass man ja noch die Wohnung renovieren wollte und auch schon länger nicht mehr beim Sport wahr (den man ja auch aus den Augen verloren hat).
So oder so ähnlich sieht das mentale Spielchen aus und so geben viele Anfänger schon nach kurzer Zeit unter irgendeinem Vorward das Lernen des Instruments auf. Jeder Gitarren-lehrer kennt das. Der eigentliche Grund ist der Person oft selbst gar nicht bekannt, denn er ist unbewusst und eigentlich ganz einfach: Gitarre lernen erfordert eine Menge Fokus (findet man kaum noch in unserer Whatsapp-Gesellschaft), Arbeit, Willenskraft und Disziplin. Es erfordert sich nach einem anstregenden Arbeitstag trotzdem hinzusetzen und zu üben, auch wenn man viel lieber Netflix schauen würde. Der Großteil der Leute hat nicht den Drive das zu tun - sieh dich um! Wieviel Leute machen neben dem Job etwas, dass sehr fordernd ist?
Neben dem Faktor "Drive" (Eigenmotivation ist vielleicht die beste deutsche Übersetzung) ist es außerdem sehr hilfreich, seine eigenen mentalen Spielchen zu kennen, denn die mentale Einstellung ist letztendlich dafür veranwortlich, ob man dabei bleibt oder nicht. Die meisten Leute wissen nichts von dem inneren Spiel, das in unserem Kopf konstant stattfindet und können sich so natürlich auch nicht darum kümmern, dieses Spielchen besser zu spielen. Sie sind daher die Opfer des Spiels.
Hier einige Gründe, warum ein Großteil der Anfänger nach sehr kurzer Zeit aufgibt:
Keinerlei Bewusstheit über die eigene innere Welt
Wenn man nicht weiss, was im eigenen Kopf abgeht, kann man sich auch nicht darum kümmern, seine Einstellung zu verbessern.
Das Lernen des Instrumentes hat keinerlei Priorität
Das Leben der meisten Menschen hat keinen Fokus. Sie wollten zwanzig Sachen tun, auf nichts verzichten und alles gleichzeitig haben. Sie wollen das große Haus, vier Kinder, zwei Hunde, einen großen Freundeskreis und dazu noch drei Hobbies. Ist verständlich - man möchte nichts verpassen. Leider funktioniert das Leben so nicht. Die Gleichung ist einfach - alles, was in deinem Leben keine Priorität (muss nicht die erste Stelle sein), wird nicht wachsen.
Das Warten auf das perfekte Szenario
Ich glaube, dass die meisten gescheiterten Träume auf das Konto des ewigen Wartens auf den perfekten Zeitpunkt gehen. Ich lege richtig los, wenn ich erstmal in Rente bin und mich der Job nicht mehr so beansprucht, wenn ich die Scheidung hinter mit habe, mit der Uni fertig bin. Wir Menschen sind absolute Meister darin tausende von Entschuldigungen zu finden, Dinge zu verschieben. Bis zu dem Tag, an dem wir nichts mehr verschieben können, weil wir keine Lebenszeit mehr zur Verfügung haben. Klingt super hart - aber sei mal ehrlich: Habe ich nicht Recht?
Vollkommen unrealistische Erwartungen
Es ist nicht lange her, da zeigte mir ein Vater von einem Teenager ein Video von einem Gitarristen, der seit schätzungsweise dreißig Jahren spielt. Nach dem Video fragte mich der Vater, ob sein Sohn so in drei Monaten spielen könne. Das ist ein perfektes Beispiel für unrealistische Erwartungen. Wenn man mit so einer Erwartung anfängt und dann die tägliche, oft langweilige Übungspraxis ansteht - wie hoch ist die Chance, dass man durchhält? Du kannst es dir denken...
Konstante Ablenkung
Wir lieben unsere Smartphones und können keinen Tag ohne sie auskommen. Wir checken alle fünf Minuten Facebook, unsere E-Mails uns Whatsapp und denken, dass all das nichts kostet. Was soll es schon kosten, ausser dem Handyvertrag? Ich sag´s dir: es kostet deine Fokus, also deine Fähigkeit dich über lange Zeit wie ein Laser auf etwas zu konzentrieren! Das ist ein hoher Preis, denn er führt zu schlechten Resultate in allem, was man tut. Je höher deine Aufmerksamkeit bei der Durchführung einer Tätigkeit, desto höher die Qualität, die du erreichen kannst. Vollkommene Zerstreutheit = niedrige Qualität und schlechte Resultate.
Keine Geduld
Die meisten Leuten suchen Spaß, Spannung, konstante Abwechslung und Stimulation. Mit dieser Einstellung ist es ziemlich unmöglich irgendwas zu lernen oder in etwas gut zu werden, denn das verlangt tägliche Arbeit an oft langweiligen Dingen und vielen, vielen, vielen perfekten Wiederholungen. Das ist nicht sexy und ist für einen Großteil nicht auszuhalten.
Dies sind nur einige Gründe, warum die meisten Anfänger nach kurzer Zeit scheitern, aberdas Interessante ist dies: die Leute machen sich den ganzen Tag Gedanken, ob sie zu alt, zu jung oder die Finger zu dick, zu dünn sind...alles ziemlich irrelevante Dinge. Über den wichtigsten Punkt macht sich in der Regel niemand Gedanken: den eigenen Kopf!